[Rezension] S.J. Watson: Tu es. Tu es nicht.

Das Buch

Sie liebt ihren Mann.

Und ist besessen von einem Fremden.

 

Sie ist eine gute Mutter.

Und würde ihre Familie aufgeben.

 

Sie weiß, was sie tut.

Und gerät außer Kontrolle.

 

Sie lebt zwei Leben.

Und kann beide verlieren.

 

Julia führt ein scheinbar gesichertes Leben mit Mann und Sohn in London. Da wird ihre Schwester brutal ermordet. Julia begibt sich auf eine gefährliche Suche – und gerät unaufhaltsam in den Sog des Verbrechens und der Vergangenheit.

Das hat mir gefallen:

S.J. Watson hatte mich mit seinem Thriller "Ich. Darf. Nicht. Schlafen." damals wirklich gepackt, auch wenn die Verfilmung mich nicht richtig überzeugen konnte. Das Buch war allerdings genial, dementsprechende Erwartungen hatte ich nun also auch an "Tu es. Tu es nicht.".

 

Watsons Schreibstil war wieder einmal leicht zu lesen, gleichzeitig aber auch packend. Selbst die Ego-Perspektive der Hauptprotagonistin hat mich hier nicht gestört, obwohl ich sonst kein so großer Fan dieser Perspektive in Büchern bin. Alles aus ihren Augen zu sehen und zu erleben, hat mich in die Geschichte quasi reingezogen. Zu ihr selbst konnte ich auch relativ schnell Zugang finden - ihre Handlungen jedoch nicht immer nachvollziehen.

 

Die Story selbst klang vielversprechend. Man "platzt" als Leser irgendwie mitten in Julias Leben, ist direkt voll dabei. Es ist spannend, etwas über ihr Leben, ihren Mann, ihren Sohn zu erfahren und häppchenweise immer wieder etwas über ihre Vergangenheit und ihre erste große Liebe.

Das hat mich enttäuscht:

Das war es dann auch schon mit Spannung und Aufregung. Der Spannungsbogen lässt zu Wünschen übrig, der Thrilleraspekt lässt auf sich warten... und warten... und warten. Nach der Hälfte des Buches - zwischenzeitlich fühlte man sich immer wieder, als würde man eine Softversion von "50 Shades of Grey" lesen - fragte ich mich dann langsam: Und wo bleibt der versprochene Thriller? Wo ist der Watson, den ich kenne? Es geht die ganze Zeit um Julia, ihre geheimen Wünsche, ihren Zwiespalt: Auf der einen Seite ihr Ehemann, den sie liebt; auf der anderen ein Fremder, von dem sie besessen ist. Die Ermordung ihrer Schwester, die Julia anfangs noch aufklären will, gerät irgendwie außer Sicht für den Leser. Das alles ist nur noch zweitrangig, und es liest sich eher wie ein schlechter Liebes-/Erotikroman als ein Thriller, wie ich ihn von S.J. Watson kenne.

 

Der Thriller, der eigentlich in diesem Buch stecken sollte, scheint auf das letzte Viertel komprimiert. Hier geschieht alles Spannende - und zwar auf einmal und auf so wenigen Seiten, dass es so wirkt, als wäre dem Autor plötzlich noch eingefallen, dass er ja einen Thriller schreiben wollte, die Seiten aber nicht mehr ausreichen.

Fazit

Alles in allem hat mich dieses Buch sehr enttäuscht. Ich hatte etwas anderes erwartet - unabhängig davon, ob ich den Autor kenne oder nicht, sollte ein Thriller eine Spannungskurve haben, die sich immer mehr aufbaut und zwar von Beginn an, nicht erst auf den letzten paar Seiten. Die ganze Geschichte hatte viel Potenzial, das jedoch nicht ausgeschöpft wurde. Leider keine Empfehlung.

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